KANZLEI D & S

Advokatur mit Herz und Tatkraft
Zweiter "kleiner" Lockdown zum 2. November 2020 verfassungswidrig?!
Vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Dienstleistungsgewerbe geht es angesichts der gestern von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten beschlossenen – vorerst temporären – Betriebsschließungen voraussichtlich endgültig an den Kragen. Der Shutdown betrifft die Branchen u.a. der Gastronomie (insbesondere Restaurants, Bars und Kneipen), Schwimmbäder, Sportstätten, Fitnessstudios, Saunen und Thermen, Kinos, Theater, Freizeitparks, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattostudios etc. sowie Hotels für private Übernachtungen. Der staatlich angeordnete Eingriff in die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe stellt für die betroffenen Unternehmer massive Grundrechtseingriffe, insbesondere einen enteignungsgleichen Eingriff sowie einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Grundrechte sind per se Individualrechte und damit Abwehrrechte gegen staatliches Handeln. Nur in Diktaturen sind die Freiheitsrechte konzentriert entweder auf einen Despoten oder einem despotisch wirkenden Kollektiv, in Abgrenzung zum Staatsvolk, zugewiesen. Genau das wollte der Parlamentarische Rat in den Jahren 1948/49 – die „Väter und Mütter des Grundgesetzes“ - wehrhaft verhindern. Natürlich muss der Einzelne auch in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung Beschränkungen hinnehmen, jedoch müssen solche Grundrechtsbeschränkungen stets verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein und den nachfolgend ausgeführten Mindeststandards entsprechen.
Die am 28.10.2020 – zudem unter Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt beschlossenen - Maßnahmen der Bundeskanzlerin zusammen mit den Ministerpräsidenten sind unverhältnismäßig und halten voraussichtlich für die überwiegende Zahl der betroffenen Gewerbe einer einzelfallbezogenen verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Jeder - zumal derart gravierende - Eingriff in die Freiheitsrechte der Art. 14 Abs. 1 und 3 GG (Eigentumsschutz) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) muss verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, d. h. zur Erreichung des verfassungsrechtlich legitimen Zwecks (vorliegend der Gesundheit der Bevölkerung und der Verhinderung eines Gesundheitsnotstandes)
1. geeignet und
2. erforderlich sein sowie
3. der Zweck-Mittel-Relation (Zumutbarkeit) in Abwägung der kollidierenden Verfassungsgüter entsprechen und darf des Weiteren
4. nicht den Wesenskern eines Grundrechts verletzen.
Bei dem beschlossenen zweiten "kleinen" Lockdown ist bereits das Kriterium 1. (Eignung der Maßnahme zum Infektionsschutz der Bevölkerung) nicht gegeben. Es ist durch nichts wissenschaftlich belastbar nachgewiesen, dass die Betriebe der genannten Branchen erheblich nach Art und Umfang der Dienstleistung die gemessene Erhöhung des Infektionsgeschehens verursacht haben, sofern diese sich an die bislang geltenden Hygienevorschriften halten. Konsequent sind die Kriterien 2.-4. auch durch den neuen sog. „kleinen“ Lockdown ebenfalls nicht erfüllt. Die – zumindest faktisch dem Berufsverbot gleich kommenden – Betriebsschließungen sind denkbar jedenfalls nicht das mildeste Mittel zur Erreichung des Ziels der Eindämmung der Infektionszahlen und daher auch nicht erforderlich. Schon gar nicht sind die – vielfach ökonomisch existenzvernichtenden – Maßnahmen zumutbar, und sie entsprechen damit nicht der gebotenen Zweck-Mittel-Relation, zumal wenn und solange die Ansteckung allein schon durch Einhaltung der bisherigen geltenden Hygienevorschriften erreicht werden kann.
5. Zudem hat das Grundgesetz bei jeder - nicht formalgesetzlichen - Einschränkung des Eigentumsgrundrechts (nach richtiger Rechtsauffassung auch beim enteignungsgleichen Eingriff, vorliegend unter dem Aspekt der zwangsweisen Betriebsschließungen) zu ihrer Wirksamkeit dem Staat eine sog. Junktimklausel (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG) auferlegt, die - soweit den Betroffenen vorliegend ein wirtschaftlicher Schaden entsteht - den Staat zu einer angemessenen Ausgleichspflicht zwingend verpflichtet. Angesichts der erheblichen Umsatzeinbußen bereits durch den ersten Lockdown und die nachfolgenden Beschränkungen im Zuge der Hygienevorschriften der Länder kann die vom sog. „Corona-Kabinett“ angekündigte Ausgleichszahlung zu 75 % des nachzuweisenden Netto-Einkommens-Verlustes der staatlichen Ausgleichspflicht schon der Höhe nach nicht gerecht werden.
Daher ist es an jedem betroffenen Gewerbetreibenden, in seinem Fall die Voraussetzungen eines einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen oder prüfen zu lassen (so wie dies in den letzten Wochen bereits vielfach erfolgreich bei den Beherbergungsverboten in mehreren Bundesländern der Fall war). *
Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer
(*Anm.: Die vorstehende Stellungnahme kann natürlich eine fallbezogene und dem Einzelfall gerecht werdende vertiefte Beratung nicht ersetzten und stellt daher keine Rechtsberatung dar.)
Zweiter "kleiner" Lockdown zum 2. November 2020 verfassungswidrig?!
Vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Dienstleistungsgewerbe geht es angesichts der gestern von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten beschlossenen – vorerst temporären – Betriebsschließungen voraussichtlich endgültig an den Kragen. Der Shutdown betrifft die Branchen u.a. der Gastronomie (insbesondere Restaurants, Bars und Kneipen), Schwimmbäder, Sportstätten, Fitnessstudios, Saunen und Thermen, Kinos, Theater, Freizeitparks, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattostudios etc. sowie Hotels für private Übernachtungen. Der staatlich angeordnete Eingriff in die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe stellt für die betroffenen Unternehmer massive Grundrechtseingriffe, insbesondere einen enteignungsgleichen Eingriff sowie einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Grundrechte sind per se Individualrechte und damit Abwehrrechte gegen staatliches Handeln. Nur in Diktaturen sind die Freiheitsrechte konzentriert entweder auf einen Despoten oder einem despotisch wirkenden Kollektiv, in Abgrenzung zum Staatsvolk, zugewiesen. Genau das wollte der Parlamentarische Rat in den Jahren 1948/49 – die „Väter und Mütter des Grundgesetzes“ - wehrhaft verhindern. Natürlich muss der Einzelne auch in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung Beschränkungen hinnehmen, jedoch müssen solche Grundrechtsbeschränkungen stets verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein und den nachfolgend ausgeführten Mindeststandards entsprechen.
Die am 28.10.2020 – zudem unter Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt beschlossenen - Maßnahmen der Bundeskanzlerin zusammen mit den Ministerpräsidenten sind unverhältnismäßig und halten voraussichtlich für die überwiegende Zahl der betroffenen Gewerbe einer einzelfallbezogenen verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Jeder - zumal derart gravierende - Eingriff in die Freiheitsrechte der Art. 14 Abs. 1 und 3 GG (Eigentumsschutz) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) muss verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, d. h. zur Erreichung des verfassungsrechtlich legitimen Zwecks (vorliegend der Gesundheit der Bevölkerung und der Verhinderung eines Gesundheitsnotstandes)
1. geeignet und
2. erforderlich sein sowie
3. der Zweck-Mittel-Relation (Zumutbarkeit) in Abwägung der kollidierenden Verfassungsgüter entsprechen und darf des Weiteren
4. nicht den Wesenskern eines Grundrechts verletzen.
Bei dem beschlossenen zweiten "kleinen" Lockdown ist bereits das Kriterium 1. (Eignung der Maßnahme zum Infektionsschutz der Bevölkerung) nicht gegeben. Es ist durch nichts wissenschaftlich belastbar nachgewiesen, dass die Betriebe der genannten Branchen erheblich nach Art und Umfang der Dienstleistung die gemessene Erhöhung des Infektionsgeschehens verursacht haben, sofern diese sich an die bislang geltenden Hygienevorschriften halten. Konsequent sind die Kriterien 2.-4. auch durch den neuen sog. „kleinen“ Lockdown ebenfalls nicht erfüllt. Die – zumindest faktisch dem Berufsverbot gleich kommenden – Betriebsschließungen sind denkbar jedenfalls nicht das mildeste Mittel zur Erreichung des Ziels der Eindämmung der Infektionszahlen und daher auch nicht erforderlich. Schon gar nicht sind die – vielfach ökonomisch existenzvernichtenden – Maßnahmen zumutbar, und sie entsprechen damit nicht der gebotenen Zweck-Mittel-Relation, zumal wenn und solange die Ansteckung allein schon durch Einhaltung der bisherigen geltenden Hygienevorschriften erreicht werden kann.
5. Zudem hat das Grundgesetz bei jeder - nicht formalgesetzlichen - Einschränkung des Eigentumsgrundrechts (nach richtiger Rechtsauffassung auch beim enteignungsgleichen Eingriff, vorliegend unter dem Aspekt der zwangsweisen Betriebsschließungen) zu ihrer Wirksamkeit dem Staat eine sog. Junktimklausel (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG) auferlegt, die - soweit den Betroffenen vorliegend ein wirtschaftlicher Schaden entsteht - den Staat zu einer angemessenen Ausgleichspflicht zwingend verpflichtet. Angesichts der erheblichen Umsatzeinbußen bereits durch den ersten Lockdown und die nachfolgenden Beschränkungen im Zuge der Hygienevorschriften der Länder kann die vom sog. „Corona-Kabinett“ angekündigte Ausgleichszahlung zu 75 % des nachzuweisenden Netto-Einkommens-Verlustes der staatlichen Ausgleichspflicht schon der Höhe nach nicht gerecht werden.
Daher ist es an jedem betroffenen Gewerbetreibenden, in seinem Fall die Voraussetzungen eines einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen oder prüfen zu lassen (so wie dies in den letzten Wochen bereits vielfach erfolgreich bei den Beherbergungsverboten in mehreren Bundesländern der Fall war). *
Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer
(*Anm.: Die vorstehende Stellungnahme kann natürlich eine fallbezogene und dem Einzelfall gerecht werdende vertiefte Beratung nicht ersetzten und stellt daher keine Rechtsberatung dar.)
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1 Jahr BGH - BearShare - Urteil zu Tauschbörsen - Konsequenzen für Abmahner und Abgemahnte
Gepostet am 3. Januar 2015 um 8:57 |
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Was ist aber, wenn im Prozess auf Zahlung der Abmahnkosten und auf Scha-denersatz der Beklagte nur behauptet, ein volljähriger Verwandter habe Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, er wisse aber nicht, ob dieser die Urheber-rechtsverletzung durch die Teilnahme an der Tauschbörse begangen habe? Was ist nun die Konsequenz für die Abmahnkosten und Schadenersatzan-sprüche? 1. Grundsätzlich spricht nach der Rechtsprechung allein die Anschlussinhaber-schaft dafür, dass der Abgemahnte - als Verantwortlicher für den Internetan-schluss - der Täter (Rechtsverletzer) ist. Die Täterschaftsvermutung ist eine Beweiserleichterung zugunsten des Rechtsinhabers/ -verwerters, da dieser sonst - nach den allgemeinen Regeln der Beweislast - faktisch keine Möglich-keit hätte, einen Schadenersatz für die Rechtsverletzung durchzusetzen (da die Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen grsl. beim Abmahner (Kläger) liegt). Trägt der Anschlussinhaber aber vor, ein volljähriger Verwandter habe zur Tatzeit Zugriff auf den Anschluss gehabt, ist diese Täter-schaftsvermutung bereits erschüttert. Der Anschlussinhaber haftet dann regel-mäßig nicht als Täter auf Schadenersatz in Höhe des (fiktiven) Lizenzschad-ens, weil nur der Täter Schädiger sein kann. Mit dem Sachvortrag, ein volljäh-riger Verwandter habe die Urheberrechtsverletzung begangen, genügt der Abgemahnte/Beklagte im Streitfall regelmäßig seiner sog. sekundären Darleg-ungslast. Dies hat die Konsequenz, dass der Abmahner - als Kläger - nun wie-der die volle Beweislast dafür trägt, dass der Abgemahnte (Beklagte) der Täter sei. Dieser Beweis wird ihm regelmäßig aber nicht gelingen. 2. Der Anschlussinhaber haftet dem Rechtsinhaber/-verwerter ggf. aber auch nicht als Störer in Höhe der Abmahnkosten, wenn dieser keinen konkreten Anlass zu der Annahme hatte, dass der volljährige Verwandte eine Urheber-rechtsverletzung begehen werde. Wie sieht aber nun dieser Anlass aus? Ist der Abgemahnte (Beklagte) bereits (ggf. mehrfach) abgemahnt worden und der Verwandte ggf. sogar wegen einer einschlägigen Verletzungshandlung verurteilt, muss ein Anschlussinhaber dafür sorgen, dass dieser seinen An-schluss nicht für illegales Filesharing missbraucht. Überlässt er diesem den Anschluss, ohne ihm den Missbrauch ausdrücklich zu verbieten, haftet er als Störer. Liegt ein solcher Anlass nicht vor, lösen viele Amts- und Landgerichte dieses Problem damit, dass der Anschlusssinhaber wenigstens Erkundigung-en bei der/den in Frage kommenden Person(en) - den volljährigen Verwandten - einholen müsse, ob diese(r) die Tat begangen hat/haben. Zumindest muss er zu dessen/deren konkreten Nutzerverhalten vortragen. Fazit: Es kommt nach wie vor auf den Einzelfall an. Die bloße Behauptung, ein(e) volljährige(r) Verwandte(r) könne die Urheberrechtsverletzung durch die Teil-nahme an einer Internettauschbörse begangen haben, weil diese(r) Zugriff auf den Internetanschluss hatte, reicht allein nicht aus, der Störerhaftung zu ent-gehen. (Anm. der Red.: Dieser Beitrag kann eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Wegen der Komplexität der Materie sollten Sie sich im Ernstfall (Abmahnung; Klage) durch einen Anwalt Ihres Vertrauens beraten lassen.) Ihr Rechtsanwalt |
Berliner Anwalt Schwemmer verhalf Verbraucherschutz gegen Stromanbieter zum Sieg
Gepostet am 27. Mai 2013 um 2:20 |
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Im einschlägigen Fall wurde ein Mandant von einem Stromanbieter auf Bezahlung von Energiekosten für mehrere Monate Stromverbrauch verklagt, obwohl der Mandant den Vertrag noch rechtzeitig vor Beginn der Stromlieferung widerrufen hatte. Die Stroman-bieterin war der Ansicht, einen Vergütungsanspruch für die bis zur Bearbeitung der Ab-meldung verbrauchte Energie zu haben. Der Mandant bestritt, dass die Stromanbieterin überhaupt Strom geliefert habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Schöneberg stellte sich die Anwältin der Stromanbieterin und zunächst auch das Gericht auf den Standpunkt, mein Mandant könne mit diesem Bestreiten nicht gehört werden, denn er habe die Darlegungs- und Beweispflicht dafür, dass nicht die Klägerin – die Stromanbieterin – sondern ein anderes Energieunternehmen den in den streitge-genständlichen Monaten von ihm verbrauchten Strom geliefert habe. Der Stromlieferant könne schließlich technisch nicht ermittelt werden. Insbesondere habe mein Mandant hierfür Rechnungen eines anderen Stromanbieters vorzulegen. Dem bin ich – mit Erfolg – wie folgt entschieden entgegen getreten: "In Sachen …. . / . …. – 19 C 193/12 - wird namens des Beklagten zu dem mir heute im Termin zur mündlichen Verhandlung ….. wie folgt Stellung genommen: 1. ... 2. ... Wegen der mir zu gewährenden Schriftsatzfrist nehme ich Bezug auf den in der Verhandlung gestellten Antrag. Insbesondere zu der vorgenannten Replik der Klägerin vom ….. sowie im Termin aufgestellten Behauptung der Klägerin, es könne eine Rechnung des alten Stromanbieters für den streitbefangenen Zeitraum nicht geben, …….. 3. Vorsorglich – vorab – wird zu den klägerseitigen Rechtsausführungen wie folgt Stellung genommen: Unbestrittene Tatsache ist, dass der Widerruf noch vor Beginn der – klägerisch vorgeblichen – Stromlieferung erfolgt ist. Damit hat der Beklagte ausdrücklich – vor Vertragslauf – zum Ausdruck gebracht, dass er von der Klägerin keine Lieferung haben wolle. Die Klägerin kann sich daher nicht auf eine angebliche Lieferpflicht nach Vorschriften des EnWG bzw. StromGVV berufen, die auf den vorgenannten Fall des – vor Vertragsbeginn widerrufenen (!) – Vertrages gar nicht Anwendung finden. Insbesondere ergeben sich aus vorgenannten Normen nicht, dass gegen den erklärten Willen des Dritten – des Stromabnehmers – an diesen Strom zu liefern sei. Zum anderen musste und durfte der Beklagte aufgrund des rechtzeitigen Widerrufs davon ausgehen, dass eine Lieferung durch die Klägerin gerade nicht erfolgen würde. Auch das von der Klägerin als – Anlage … – vorgelegte Schreiben ist hierfür kein Beweis, denn der Beklagten war – das ergibt sich aus der Anlage … – ausdrücklich über Umfang und Frist für die Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts informiert worden.Darüber – wie die Klägerin nun behauptet -, dass das Widerrufsrecht tatsächlich (bezogen auf den streitbefangenen Zeitraum) völlig wirkungslos sein soll, wenn es kurz vor dem Lieferbeginn erklärt wird, ist der Beklagte jedoch – zu Recht (!) – nicht belehrt worden, denn solches wäre auch rechtswidrig und würde dem Sinn und Zweck des Verbraucherwiderrufsrechts des § 312 d i.V.m. § 355 BGB widersprechen. Zweck der Vorschrift ist es, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, sich in angemessener Frist nicht an Vertragsfolgen binden zu müssen, wenn er fristgemäß den Vertrag widerruft. Die gesetzliche 14-Tages-Frist für den Widerruf begann frühestens mit Lieferbeginn zu laufen. Somit hat er mit der Erklärung am …. jedenfalls rechtzeitig widerrufen. Auch die Behauptung der Klägerin, dass dies überraschend kam und sie die Lieferung deswegen hätte nicht vermeiden können, ist sachlich falsch. Dies wird vorsorglich auch ausdrücklich bestritten.Wenn dem so wäre, wie die Klägerin behauptet, dass ein Widerruf kurz vor Lieferbeginn die Vertragsfolgen nicht mehr zu beseitigen vermag, wäre damit das Widerrufsrecht nutzlos. Im Übrigen widerspräche eine derartige Folge dem vorgenannten Sinn und Zweck des Widerrufsrechts, insbesondere der gesetzlichen Widerrufsfrist und dem Inhalt der erfolgten Widerrufserklärung, die i.Ü. dem amltlichen Muster entsprach. Beweis: Anlage … Insofern ist die Rechtsauffassung der Klägerin schon bemerkenswert – jedenfalls unrichtig, dass dieses Widerrufsrecht nicht gelten soll, stattdessen aber – trotz fristgemäßen Widerrufs – eine mehrmonatige Stromabnahmepflicht des Widerrufenden auch für die Zukunft auslösen soll. Auch die Regelung des Wertersatzes für empfangene Leistungen steht dem nicht entgegen, denn die Ersatzpflicht betrifft lediglich den Fall, dass – vor Abgabe der Widerrufserklärung – bereits vertragliche Leistungen erbracht worden sind, nicht aber den Fall, dass vor Vertragsbeginn und vor Empfang der Leistung widerrufen worden ist. 4. Unrichtig ist auch, dass der Klägerin der Beweis der Stromlieferung nicht möglich ist. Der Hinweis auf einen technischen Nachweis geht insofern völlig fehl, weil die Beweistatsache eine reine Vertragsfrage betrifft, nicht aber eine technische. Ob ein technischer Nachweis der Lieferung möglich ist oder nicht, ist vorliegend völlig unbeachtlich (zumal – wenn der technische Nachweis der Klägerin als Stromanbieterin schon nicht möglich ist, ein solcher erst recht dem Beklagten als nicht Sachkundigen nicht möglich sein kann). Dies führt an der Beweislast der Klägerin vorbei. Der Nachweis des Stromlieferanten ist aufgrund der Besonderheiten der Energiewirtchaft – aufgrund der Trennung zwischen Stromproduktion und -netz – ausschließlich durch Nachweis der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Vertragsverhältnisse zwischen Stromlieferanten und Abnehmer einerseits und Stromlieferanten und Netzbetreiber (Stromproduzenten) andererseits zu erbringen und kann – wenn solche Verträge bestehen – auch ohne Weiteres durch den Stromlieferanten erbracht werden. Beweis: Sachverständigengutachten Insbesondere konnte und musste die Klägerin Beweis erbringen für die Tatsache, sie habe den mit dem vorherigen Stromanbieter und dem Beklagten bestehenden Vertrag gekündigt. Die für die Klägerin günstige, von ihr behauptete Beweistatsache ist, diese habe den Vertrag mit dem bisherigen Lieferanten gekündigt und sei an dessen Stelle – bezogen auf die streitbefangene Abnahmestelle, sprich den in der Wohnung des Beklagten vorhandenen Stromanschluß – in die Verträge mit dem Stromproduzenten/Netzbetreiber bzw. der Bundesnetzagentur eingetreten. Nur durch Vorlage der Kündigung und/oder einvernehmlichen Vertragsbeendigung sowie den ihrerseits mit dem Stromproduzenten bzw. der Bundesnetzagentur geschlossenenen eigenen Vertrag war für die Klägerin der Beweis zu erbringen, dass die Lieferung durch den alten Lieferanten beendet und im streitbefangenen Zeitraum die Leistung von ihr erbracht worden sei. Insofern stünde der Klägerin – so vorhanden – für die behauptete Tatsache der Urkunden- sowie Zeugenbeweis über die bisherige – ihr unbestritten bekannte – Stromlieferantin zur Verfügung. Bemerkenswert ist insofern, dass die Klägerin in deren Schriftsatz vom … den Eindruck erwecken will, sie wisse gar nicht, wer der vorherige Stromlieferant sei. Einschlägig behauptet die Klägerin indes, dass sie selbst den bestehenden Vertrag mit diesem durch Kündigung beendet habe und die erforderlichen neuen Verträge geschlossen habe. Dies ist nach der Klageerwiderung vom … aber ausdrücklich bestritten. Daher ist die Klägerin damit beweisfällig, dass der anfänglich vorhandene Stromlieferant nicht mehr an den Beklagten lieferte. Insbesondere ergibt sich zugunsten der Klägerin aus dem – und vor Vertragsbeginn widerrufenen – Vertrag kein Anscheinsbeweis, sie sei die Lieferantin gewesen. Auch aus den eigenen Bekundungen der Klägerin nach den Anlagen … und … wird dieser Beweis nicht erbracht. Diese belegen nur die Tatsache, dass die Klägerin solches selbst behauptet habe, nicht aber die behauptete Tatsache. Wohl ergeben sich nach dem Inhalt der Anlagen 1 und 2 aber, dass die Klägerin selbst davon ausgeht, wie der Beweis für die Lieferung zu erbringen sei, namentlich durch die – dort genannte – Kündigung gegenüber dem Altanbieter und die mit dem Netzbetreiber neu geschlossenen Verträge. Alleine daraus, dass diese zunächst einen Vertrag mit dem Beklagten hatte, der rechtzeitig – vor Vertragslauf – widerrufen worden ist, ist jedenfalls nicht abzuleiten, sie habe den Strom geliefert. Auch aus ihrer eigenen Abrechnung ergibt sich ein derartiger Anscheinsbeweis nicht, sondern allenfalls der Nachweis, dass die Klägerin etwas dem Beklagen in Rechnung stellte. Widersprüchlich ist insofern lediglich, dass die Klägerin einerseits behauptet, der Beklagte sei ausschließlich von ihr beliefert worden, andererseits aber, dass ihr – der Klägerin – (entgegen der o.g. Beweislast) nicht erweislich sein soll, sie sei der Lieferant gewesen. Aus dieser Erklärung lässt sich vielmehr der Anscheinsbeweis herleiten, dass der alte – der anfänglich bestehende – Stromliefervertrag des Beklagten fort bestanden hat und sie den – nur ihr zur Verfügung stehenden – Urkunden- und Zeugenbeweis in Wahrheit nicht erbringen kann. Auch aus irgend welchen – von der KIägerin verlangten – Abrechnungen des alten Anbieters ließe sich solches nicht beweisen, namentlich wer Vertragspartner des Klägers im streitbefangenen Zeitraum und damit Stromlieferant war. Auch solche Abrechnungen können i.Ü. sachlich falsch sein und sind als Nachweis der tatsächlich geltenden Vertragsbeziehungen im streitbefangenen Zeitraum als Beweismittel untauglich. Ausschließlich der klägerseitige Tatsachenvortrag, dass sie – die Klägerin – den Vertrag mit der alten Stromlieferantin gekündigt habe und selbst mit dem Netzbetreiber/Stromproduzenten bzw. der … in das alte Vertragsverhältnis eingetreten ist bzw. ein neues begründet worden ist, ist als Beweis dafür geeignet, wer der Stromlieferant war. Solcher Beweis ist aber nur der Klägerin möglich, nicht dem Beklagten, und zwar nicht durch ein technisches Gutachten, sondern ausschließlich durch entsprechenden Urkunden- und Zeugenbeweis. Die Klägerin hat aber weder die behauptete Kündigung des alten Vertrages noch die von ihr behauptete Anmeldung beim Netzbetreiber vorgelegt, obwohl beides mit der Klageerwiderung bestritten ist. Damit ist die Klägerin beweisfällig geblieben, denn geeigneten Beweis ist sie – trotz des ausdrücklichen Bestreitens durch den Beklagten – schuldig geblieben. Nur durch Vorlage der von ihr angeblich erklärten Vertragskündigung und die vorgenannten weiteren eigenen Erklärungen/Vertragsurkunden über die Neuanmeldung hätte die Klägerin ihre Tatsachenbehauptung unter Beweis stellen können und müssen, namentlich die Beweistatsache, dass der – zwischen dem Beklagten und dem bestehenden Lieferanten – vorhandene Vertrag beendet sei und eine Neuanmeldung des Anschlusses auf ihr Unternehmen erfolgt sei, womit sie an Stelle des alten Lieferanten neue Stromlieferantin geworden wäre. Da dies – mangels Beweisantritt der Klägerin – auch nach dem Termin am heutigen Tage ungeklärt bleibt, ist die Klägerin insofern beweisfällig und die Klage abzuweisen. 5. Für den Fall, dass das Gericht gleichwohl eine Wertersatzpflicht des Beklagten annimmt, so liegt aufgrund des vor dem Vertragsbeginn erfolgten Widerrufs zumindest aber ein Fall der aufgedrängten Bereicherung vor (Palandt, BGB, 11. Aufl., RN. 52 zu § 812 BGB). Insofern durfte die Klägerin aber nicht zu dem – für sie günstigen – Tarif abrechnen, da ein solcher – wegen der Vertragsbeendigung ex tunc und des nicht eingetretenen Vertragslaufes – zu keiner Zeit als vereinbart gegolten hat. In diesen Fällen durfte die Klägerin nur nach den für den Beklagten günstigsten Bedingungen – insbesondere nach dem Vergleich aller zur Verfügung stehenden – Anbieter abrechnen. Es wird ausdrücklich bestritten, dass die Klägerin so verfahren ist, sprich den einschlägig für die streitgegenständliche Abnahmestelle günstigsten Tarif berechnet und der Klageforderung zugrunde gelegt hat. Beweis (unter Protest gegen die Beweislast): Sachverständigengutachten 6. Höchstvorsorglich wird auch zu dem Bestreiten der Klägerin Stellung genommen, die Fa. …. sei nicht zur Vertretung befugt gewesen. Dem Inhalt der Anlage … zufolge hatte der Beklagte der Fa. … gegenüber eine wirksame – auf Vertragsabschluss mit der Klägerin gerichtete – Erklärung abzugeben. Hierbei handelte es sich um die einzige – auf Vertragsschluss gerichtete Erklärung des Beklagten. Soweit die Klägerin nun die Vertretungsmacht der Fa. … bestreitet, ist es allerdings widersprüchlich, dass sie – die Klägerin – sich ja selbst auf die insofern – der Fa. … gegenüber – abgegebene Willenserklärung des Beklagten vom … beruft und den streitgegenständlichen Vertragsschluss darauf stützt. Wenn die Fa. … nicht mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, kann sich die Klägerin überhaupt auf keine – zwischen den Parteien jemals geschlossene – Vertragsbeziehung berufen, insbesondere hieraus nicht die Klageforderung(en) ableiten. In der Konsequenz müsste sie sich dann aber an den alten Stromlieferanten halten, soweit ihr irgendwelcher ersatzfähiger Aufwand entstanden ist, da sie ja dann an dessen Stelle die Leistung erbracht hätte. Insofern wäre der Beklagte falscher Anspruchsgegner. Da die Klägerin aber die Stromlieferung gerade damit begründen möchte, sie habe im Vertrauen auf einen bestehenden Vertrag mit dem Beklagten am … mit der Stromlieferung begonnen, muss sich die Klägerin auch die Erklärungen der Fa. … GmbH dem Beklagten gegenüber – zumindest nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht – zurechnen lassen, insbesondere auch die Erklärungen laut Anlage … . Die insofern bestehende Vertretungsmacht beinhaltet in der Konsequenz – insbesondere betreffend der in der Anlage … enthaltenen Widerrufsbelehrung – natürlich auch die Empfangsvollmacht für die Abgabe von Willenserklärungen. Alles andere wäre i.Ü. ein schwerer Verstoß gegen die Grundsätze des UWG, weil damit im geschäftlichen Verkehr mit einem Widerrufsrecht geworben würde, das tatsächlich nicht bestehen soll, indem die Erklärungsgegnerin – die Klägerin – trotz Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher für die Zukunft diesem gegenüber gleichwohl den vertraglichen Zahlungsanspruch geltend machen könne. … Wolfgang Schwemmer Rechtsanwalt “ Im Ergebnis wies das Gericht die Klage der Stromanbieterin kostenpflichtig ab. Das Ge-richt machte sich in den Urteilsgründen die von Rechtsanwalt Schwemmer vorgetra-genen Rechtsauffassungen zu eigen (AG Schöneberg, Urt. vom 9.11.2012, Az.: 19 C 193/12). In den Urteilsgründen auszugsweise : ” … Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Beträge nicht zu. Sie hat nicht zu beweisen vermocht, dass sie den Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum mit Strom beliefert hat. … Im Übrigen weist der Beklagte, der den Vertrag mit der Klägerin vor Vertragsbeginn widerrufen hatte, zu Recht darauf hin, dass bei einem etwaig zu leistenden Wertersatz nur eine Berechnung nach den für den Beklagten günstigsten Bedingungen – insesondere nach dem Vergleich aller zur Verfügung stehenden Anbieter – in Betracht käme. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. ..” Das Urteil ist rechtskräftig. Es war ausdrücklich Wunsch des Mandanten, dass der Vor-gang veröffentlicht werden kann, um auch anderen Verbrauchern die Chance zu ge-ben, sich gegen unberechtigte Stromrechnungen nach widerrufenem Anbieterwechsel wirksam zur Wehr zu setzen. Für Rechtsfragen zu einem Stromanbieterwechsel sowie zum Recht auf Widerruf stehe ich gerne zur Verfügung. Ihr Wolfgang Schwemmer, RA www.rechtsanwalt-schwemmer.de Tel.: 030 – 310 167 27 |